Was treibt Moritz?

Donnerstag, August 16, 2007

Haft ohne Gerichtsverfahren?

Ich muss mich jetzt doch mal wieder zur Menschenrechtssituation in Singapur äußern. Grund ist (wie üblich) ein Artikel von Channel NewsAsia.
Dort heisst es:

Can a suspect be detained without trial in Singapore for crimes he allegedly committed abroad?

Klare Antwort: Nein, es sollte nicht möglich sein jemanden für länger (ein bisschen Zeit brauchen die Mühlen der Justiz auch) ohne Gerichtsverfahren festzuhalten.

Interessanterweise handelt der Artikel hauptsächlich darum, ob im Ausland begangene Verbrechen in Singapur bestraft werden können (wenn man mich fragt: ja, zumindest für schwere Verbrechen über den Rest kann man reden).
Am Schluss wird dann noch diskutiert ob die Beweislage wohl für eine Verurteilung ausreichen würde. Hallo? Darum macht man doch ein Gerichtsverfahren, um eben festzustellen ob jemand schuldig ist oder nicht und wenn die Beweislage nicht ausreicht: In dubio pro reo. Oh, sorry, das gilt ja in Singapur nicht (In dubio hat der Prime Minister Recht).

In genanntem Fall war es so, dass per Ordre de Mufti ein Minister ein Gerichtsverfahren gegen einen Rechtsanwalt wegen angeblichem Drogenmissbrauch und Handel gestoppt und der Kerl kurzerhand ins Gefängniss "gesteckt" hat.

Seine Rechtsanwälte wollen jetzt den Obersten Gerichtshof davon überzeugen, die Anweisung des Ministers ausser Kraft zu setzen. Wäre schön wenn die Judikative wenigstens das letzte Wort hat. Auch wenn das Gericht zur gleichen Entscheidung kommt und den Kerl wegsperren lässt, ich kann hier schon die Argumentation hören: Der Minister hatte doch recht, wozu also der ganze Zirkus?

Und bezogen auf Deutschland bleibt zu hoffen, dass der Terrorschutz nicht zu weit getrieben wird, wenn man sich da manche Vorschläge anhört wird einem ganz mulmig zumute. Hier wird übrigens alles mit "Public Savety" begründet...

Quelle:
Channel NewsAsia: Detained lawyer wants High Court to overrule minister's order

2 Comments:

  • Also wie immer muss ich dir recht geben. Gesetz ist Gesetz in sollte vor Gericht entschieden werden. Allerdings muss ich mich etwa über deine Aussage wundern, dass man im Ausland begangene Straftaten in Singapur bestrafen kann. Würde also bedeuten, dass wenn ich in Deutschland/Schweiz auf die Strasse spucke oder einen Joint rauche ich dafür in Singapur in Gefängnis geworfen werden kann. Klar sagst du, dass es sich dabei um schwere Verbrechen handeln muss. Allerdings stellt sich die Frage nach welchem Gesetz das entschieden wird. Ehebruch in Deutschland ist was anderes wie Ehebruch im Iran. Eine Joint ist Singapur was anderes wie in der Karibik. usw. Wenn, dann kann man über eine Auslieferung verhandeln. Aber jedes Verbrechen muss nach den Gesetzen verhandelt werden die in dem Land gelten, in dem es begangen wurde.

    Gruss
    Baetschman.de

    By Anonymous Anonym, at 18 August, 2007 20:52  

  • zum einen will ich dir wiedersprechen:

    Du hast natürlich recht, dass sowas normalerweise durch Auslieferung oder sonstwie zwischen den Staaten geregelt wird.
    Auf der Anderen Seite bin ich durchaus dafür das man in Deutschland für bestimmte im Ausland begangene, schwere Straftaten, belangt werden kann, auch wenn die am Ort des Vergehens nicht strafbar sind. Ansonsten sehe ich die Gefahr eines Straftourismusses (Extrem: Lass uns mal nach X fliegen, da ist missbrauch Minderjähriger völlig legal, öööhhhh! )

    Zu deiner Frage, nach welchem Gesetz entschieden wird: deutsche Gerichte urteilen hoffentlich immer nach deutschen Recht!
    Keine Ahnung ob man in Deutschland in Abwesenheit verurteilt werden kann, aber zum Strafvollzug muss man sich dann ja offensichtlich in Deutschland befinden...

    Zum anderen schau dir doch mal kurz §5-7 StGB an. Da ist genau das für Deutschland geregelt.

    So kannst du zum Beispiel wegen Menschenhandel belangt werden, Schlagwort Zwangsprostitution.

    Ebenso sind durch §6.9 Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und so weiter eingebunden (UN, Genfer Konvention, Internationaler Strafgerichtshof...).

    Papier ist natürlich geduldig und wie man das dann tatsächlich in der Realität anwendet steht auf einem anderen Blatt. So ist unter anderem ein "legitimierender inländischer Anknüpfungspunkt" nötig (BGH 2 ARs 51/99, Beschluss des BGH zu Straftaten die im Ausland von Ausländern an Ausländern begangen werden), wenn Täter und/oder Opfer deutsche sind ist das aber vermutlich gegeben.

    Bin aber kein Jurist und kann nicht sagen, was da sonst noch ne Rolle spielt.

    Um das jetzt aber mal zu Überspitzen:
    Mal angenommen in Singapur gilt das deutsche StGB (lol). Ein Singaporean eröffnet in Holland einen Coffeeshop (und handelt somit mit Drogen), Singapur sieht darin eine Verunglimpfung, Verhönung und vor allem Gefärdung der Grundlagen des Singapurer Rechtsstaates (wo landen wir denn, wenn sich sowas rumspricht? Gefahr von Revolution?) und verurteilt den "Schuldigen" wegen Gefärdung der Öffentlichen Ordnung/Sicherheit oder so...
    Und das ist jetzt nicht so weit vom genannten Fall entfernt:
    "Wong was alleged to be the leader of a syndicate which had smuggled the controlled drug from Malaysia to Taiwan and from Malaysia to China via Hong Kong, from early 2004 to April 2005"

    Hach, wie gern würd ich mich mit dir zusammensetzten und das mal bei nem Bierchen ausdiskutieren...

    Links:
    http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/
    http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/99/a2-51-99.php3

    By Blogger MoriD, at 19 August, 2007 07:50  

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